Am Dienstagmorgen versammeln sich die Vertreter*innen der mehr als 70 Vorsorge- und Rehabilitationskliniken im Müttergenesungswerk (MGW) im sommerlich heißen Berlin. Auf der jährlich stattfindenden Trägerkonferenz des Müttergenesungswerks diskutieren sie gemeinsam die Zukunft der gendersensiblen Maßnahmen für Mütter, Väter und pflegende Angehörige. Es ist eine ungewisse Zukunft, denn die Existenz der Kliniken ist durch die Corona-Pandemie immer noch stark gefährdet.
Gendersensible Kurmaßnahmen, die auf die gesundheitlichen Bedürfnisse der Care-Arbeit Leistenden ausgelegt sind und dabei die spezifische Lebenssituation von Müttern und Vätern in den Blick nehmen - das zeichnet die stationären medizinischen Kurmaßnahmen im Müttergenesungswerk aus. Seit der Gründung des Müttergenesungswerks 1950 wurde darauf Wert gelegt und über die Jahre immer wieder innovativ durch die Einbeziehung neuer wissenschaftlicher medizinischer Erkenntnisse fortentwickelt. Die Trägerkonferenz des Müttergenesungswerks ist ein zentraler Ort des Austauschs, an dem die Träger der Kliniken für Vorsorge und Rehabilitation im Müttergenesungswerk neue Entwicklungen in den Blick nehmen und diskutieren können. So auch auf der Trägerkonferenz 2022, bei der es speziell um die Gendersensibilität geht. Bundesfamilienministerin Lisa Paus wertschätzt die Arbeit des Müttergenesungswerks und der anerkannten Kliniken im Verbund: "Machen Sie so weiter. Setzen Sie sich weiterhin lautstark, engagiert und tatkräftig ein für die Mütter, Väter, für Familien und Pflegende in unserem Land! Mein Haus und ich stehen dabei an Ihrer Seite!"
Das Thema der Trägerkonferenz des Müttergenesungswerks wird in diesem Jahr jedoch von einer großen Sorge überschattet: Wie soll die Zukunft der gendersensiblen Maßnahmen gestaltet werden, wenn die Zukunft der Kliniken selbst in Gefahr ist? "Wir sind in dem Glauben, die Pandemie sei vorbei. Doch das ist nicht die Realität der Kliniken," sagt MGW-Geschäftsführerin Yvonne Bovermann. Die Kliniken im Müttergenesungswerk führen weiterhin Hygienemaßnahmen und Testungen durch. In vielen Bundesländern ist dies auch weiterhin vorgeschrieben. Eine Entwarnung kann also nicht gegeben werden. Im Gegenteil: Die Lage ist angespannt. Aktuell ist der Wegfall der Testverordnung und damit auch die Finanzierung der Corona-Tests geplant. "Unsere gemeinnützigen Kliniken sind chronisch unterfinanziert," führt Bovermann aus. "Zusätzliche Kosten oder Mindereinnahmen durch die Pandemie können sie beim besten Willen nicht tragen."
Das Müttergenesungswerk fordert folglich die Weiterführung der pandemiebedingten Ausgleichszahlungen, damit die Kliniken im Müttergenesungswerk eine Chance haben, zu überleben. Und das müssen sie, denn sie werden gebraucht. Mütter, Väter und pflegende Angehörige sind auf dieses Angebot angewiesen - besonders in Hinblick auf die extreme Belastungssituation von Familien in der Pandemie. Die Kräfte sind erschöpft, die Gesundheit angegriffen. Der Bedarf für eine Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßname ist bei Care-Arbeit Leistenden entsprechend hoch und steigt weiter. Bereits jetzt erleben die Beratungsstellen im Müttergenesungswerk 30 Prozent mehr Nachfrage.
"Die Frage ist nicht, ob Mütter, Väter oder pflegende Angehörige eine Kurmaßnahme brauchen. Die Frage ist, ob wir dies in Gesellschaft und Politik zur Priorität erklären," fasst es die Geschäftsführerin des Müttergenesungswerks zusammen.