Das Bangen der Vorsorge- und Rehabilitationskliniken im Mütterge- nesungswerk (MGW) geht weiter. Wie befürchtet, hat das Bundesgesundheitsministe- rium am Freitag ein Gesetzesvorhaben vorgelegt, das die Einstellung der coronabe- dingten Ausgleichszahlungen vorsieht. Die Kliniken sollen ab dem 20.3.2022 alle wirt- schaftlichen Belastungen, die durch vorgeschriebene Corona-Maßnahmen entstehen, selbst tragen. Für viele der gemeinnützigen Kliniken kann dies das Aus bedeuten. Das Gesetzesvorhaben zeigt, dass Kurmaßnahmen für Mütter, Väter und pflegende Ange- hörige in den Augen der Regierung keine Bedeutung haben.
Auf den ersten Blick erscheint es logisch: Die coronabedingten Ausgleichszahlungen werden eingestellt, weil auch die Corona-Maßnahmen in den Kliniken ab dem 20.3.2022 entfallen sollen. Geht es zurück in den Normalbetrieb? Ist das der langer- sehnte Freedom Day? Weit gefehlt. Künftig sollen die Bundesländer über sogenannte Hotspot-Regelungen lokal geltende Maßnahmen ergreifen können. Kommt es zu ei- ner solchen Hotspot-Regelung, erwischt es die Vorsorge- und Rehakliniken im Ver- bund des Müttergenesungswerks kalt: Denn ab 20.3.2022 erhalten sie keinerlei wirt- schaftlichen Ausgleich für diese Maßnahmen.
Dabei ist die Lösung einfach: Um die Ausgleichszahlungen wieder einzuführen, bedarf es neben den geplanten Änderungen im Sozialgesetzbuch einer Verordnung durch den Gesundheitsminister gemeinsam mit dem Finanzminister. Diese könnte unkom- pliziert sofort mit den vorgelegten Gesetzentwürfen auf den Weg gebracht werden - so wurde es im November praktiziert, als die "pandemische Lage von nationaler Trag- weite" auslief. Doch diesmal fehlt die Verordnung.
Und das, obwohl die Rettung der Kliniken vergleichsweise wenig kostet: Die Kliniken erhalten die Unterstützung nur, wenn sie coronabedingt einen wirtschaftlichen Scha- den erleiden. Trotzdem soll nun offenbar erstmal abgewartet werden. "Man muss sich schon fragen, ob eine Sicherstellung der Angebote der Mütter- und Väter-Kliniken wei- ter gewünscht ist", stellt Yvonne Bovermann, Geschäftsführerin des Müttergenesungs- werks fest. Es sei kaum realisierbar, im Falle einer regionalen Hotspotsituation zeitnah eine bundesweit geltende Verordnung in Kraft zu setzen. "Es erschließt sich nicht, wa- rum nicht jetzt alles zur Sicherung der Kliniken getan wird. Gerade in Zeiten, in denen die Belastung von Müttern, Vätern und pflegenden Angehörigen enorm hoch ist, ist das Signal, das die Politik aussendet, fatal."
Die Infektionszahlen steigen derzeit dramatisch. Erst am Sonntag warnte der Gesund- heitsminister vor dem Rekordhoch der Corona-Inzidenz. Davon auszugehen, dass es in Zukunft in den Kliniken im Müttergenesungswerk keinerlei Abstands- und Hygiene- maßnahmen, keine Testungen und auch keine Quarantäne mehr braucht, ist also un- realistisch. Wie in allen Vorsorge- und Rehakliniken handelt es sich bei den Patient*in- nen in den Kliniken im Müttergenesungswerk um eine vulnerable Patient*innen- gruppe. Die Kurteilnehmer*innen sind kurbedürftig, weil sie unter komplexen Krank- heits- und Beschwerdebildern leiden und meist multiple Indikationen aufweisen. Umso wichtiger sind schützende Maßnahmen. Zumal bei den Kurmaßnahmen für
Mütter und Väter meistens die Kinder dabei sind und die sind zu einem großen Teil ungeimpft.
"Das offensichtliche Desinteresse der Politik an der Gesundheit der Sorgearbeit Leis- tenden, Mütter, Väter und Pflegenden, ist schwer erträglich. Dabei brauchen wir nicht nur die Fortführung der Schutzmaßnahmen. Wir brauchen endlich eine politische Kenntnisnahme, dass es Sorgearbeitenden in Deutschland nicht gut geht, dass es ihnen schlechter geht als in anderen europäischen Ländern", betont Bovermann. Die Vorsorge- und Rehabilitationskliniken müssen nicht nur weiterhin geschützt werden. "Wir brauchen erheblich mehr Plätze, um den Müttern, Vätern und Pflegenden, wenn sie bereits erkrankt sind, wenigstens die Möglichkeit zu geben, sich wieder zu regene- rieren."